Tipps und Tricks sanfter zu reisen! Vier Fragen an Vera von fairunterwegs

Im Februar bietet es sich an, die Sommer- und Herbstferien Revue passieren zu lassen und sich darüber Gedanken zu machen, was gut war und was man bei der nächsten Ferienplanung anders machen möchte. Eco Church hat Vera Thaler von fairunterwegs vier Fragen rund ums Reisen gestellt. Als Fachverantwortliche für Nachhaltigkeit sensibilisiert Vera mit kritischen Recherchen, Themen-Beiträgen und der Konzeption und Realisierung von Projekten, Reisende und Touristiker*innen für einen verantwortungsvollen Tourismus.

Lukas Gerber, Eco Church Network: Viele Menschen wollen wenigstens im Urlaub nicht ans Verzichten denken. Welche Argumente gibt es, dass nachhaltiges Reisen keine Spassbremse ist?

Vera Tahler (fairunterwegs): Immer mehr Menschen wollen transformative Ferienerfahrungen. Dabei geht es nicht um gesteigerte Bespassung und rasche Glücksmomente, sondern um eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Feriendestination, bei der Menschen in echte Beziehung treten und die Authentizität der Region kennenlernen. Wir wissen inzwischen: die Entscheidung für eine Menschen- und Planeten-freundlichere Option, kann auch zu einem besseren Ferienerlebnis führen.

Ein kleines Beispiel: überlaufene Tourismus-Hotspots oder Einzigartiges in Regionen, die wenig vom Tourismus profitieren – Ich bin überzeugt: es ist nicht nur nachhaltiger, auch der Spassfaktor ist für die meisten grösser, wenn man Unbekanntes erleben kann, es Überraschungs-Momente gibt und man von tiefergehenden Begegnungen berührt wird.

Eco Church Network: Was sagst Du zu denjenigen, die sich bisher kaum Gedanken zum Thema nachhaltiges Reisen gemacht haben: Wo fängt man am besten an? Kannst Du ein paar Beispiele erwähnen?

Vera Tahler (fairunterwegs): Einerseits gibt es diejenigen, die sich bisher wenig Gedanken dazu gemacht haben. Bei Reisenden gibt es aber auch eine grosse Differenz zwischen denjenigen, die nachhaltig reisen wollen und denjenigen, die es tatsächlich tun. Grund dafür: Studien zeigen, dass es oftmals am Wissen fehlt, wie man sich auf Reisen fair und umweltverträglich verhalten kann.

Hier empfehle ich die fairunterwegs G.L.Ü.C.K Formel sie ist ein einfaches Hilfsmittel für faires Unterwegssein. Wir sind überzeugt, fünf Buchstaben reichen fürs nachhaltige Unterwegssein: G wie Gemächlich unterwegs sein (zum Beispiel: nicht weit reisen, sich Zeit lassen, zu Fuss, mit Fahrrad, Bus, oder Bahn anreisen), Lokales bevorzugen, Überraschungen zulassen, CO2 Ausstoss senken und einen korrekten Preis bezahlen. Wenn man diese 5 Punkte auf Reisen berücksichtigt, ist man fair und nachhaltig unterwegs. Gleichzeitig macht so zu reisen glücklich. Den Reisenden selbst. Die Lokalbevölkerung. Und den Planeten.

Eco Church Network: Welche Faustregel gibt es beim klimaneutralen Reisen?

Vera Tahler (fairunterwegs): (Fast) jede Form von Reisen wirkt sich auf Umwelt und Klima aus. Ich würde also von klimafreundlicherem Reisen sprechen, nicht von klimaneutralem Reisen (schön wär’s, aber so weit ist der technologische Fortschritt noch lange nicht!).

Um die negativen Auswirkungen zu minimieren, und die positiven zu maximieren kann man folgende Faustregeln beachten:

  • Je weiter weg, desto länger vor Ort: nimm dir mehr Zeit für die Reise. Anstatt nur eine Woche, bleibe länger vor Ort, reise langsam und entdecke das Land.
  • CO2-Kompensation als Klimaschutzbeitrag: Wenn sich Emissionen weder vermeiden noch reduzieren lassen, dann ist es sinnvoll, Treibhausgasemissionen zu einem korrekten Preis (ca. 30€ pro CO2 Tonne) zu kompensieren (z.B. bei atmosfair, klimakollekte und myclimate). Hier gilt der Grundsatz: Reduzieren hat oberste Priorität und kommt vor Kompensieren!
  • Auf Gütesiegel achten: Zertifikate können eine gute Orientierungshilfe bei der Wahl von Umwelt- und sozialverantwortlichen Angeboten bieten. Wichtig ist, dass sie ein breites Nachhaltigkeitsspektrum abdecken, je konkreter und umfassender ein Label die Aspekte Umwelt, Soziales, Wirtschaft und Kultur berücksichtigt, desto wirksamer kann es zu einer nachhaltigen Entwicklung im Tourismus beitragen.

Der Tourismus Labelguide, der von fairunterwegs mitentwickelt wurde, dient als Wegweiser durch die Labelwelt und bewertet 60 verschiedene Nachhaltigkeitslabels im Tourismus nach 3 Kriterien: Glaubwürdigkeit, Verbreitung und Nachhaltigkeitsspektrum.

Eco Church Network: Einige Kirchgemeinden bieten Urlaubs- und Bildungsreisen an, um z.B. den Spuren des Apostel Paulus in Gebieten der heutigen Türkei nachzugehen. Gibt es dazu gute Lösungen und (Reise-) Tipps?

Vera Tahler (fairunterwegs): Wir sind überzeugt: wer sich vor der Abreise auf ein Land und seine Kultur vorbereitet, wird mehr wahrnehmen, tiefer eintauchen können und mit den Gegebenheiten vor Ort besser zurechtkommen.

Auf unseren fairunterwegs Länderseiten finden Reisende alle Informationen, um in einem Reiseland fair unterwegs zu sein, sowie Bücher, Filme, Musik und Rezepte, um vorab in das Reiseland einzutauchen, aber auch Informationen zu Tourismus und Menschenrechten.

Die Symathiemagazine, die vom Studienkreis für Tourismus und Entwicklung herausgegeben werden, ermöglichen historische, politische und gesellschaftliche Einblicke in andere Länder. Als Vorbereitung für eine religiöse Reise, sind die Sympathiemagazine zu den Weltreligionen (zB: „Christum verstehen“, „Judentum verstehen“ oder “Islam verstehen”) eine gute Vorbereitung.

Und noch ein konkreter Tipp zur Reise in die Türkei: wer mit Zeit im Gepäck reist, kann von Villach in Österreich nach Edirne in der Türkei mit dem Zug reisen. Das ist gelebte Gemächlichkeit!

Eco Church Network: Vielen Dank fürs schriftliche beantworten der Fragen!